Zum Abschluß des Aufenthalts in Ladakh hatten wir noch einen Ausflug zum Pangong Lake an der chinesischen Grenze gebucht. Die Fahrt dahin dauert 4 Stunden, deshalb war eine Übernachtung im Dorf Spangmik direkt am See gebucht. Dieser Ausflug ist ein Standardangebot an Touristen in Ladakh. Eine andere Möglichkeit wäre noch die Fahrt zum Tso Moriri Lake (7 h). Es wurde damit geworben, Landschaften wie in Tibet zu bewundern. Das wollten wir sehen.
Auf einer Karte der Royal Geographical Society of London ist sowohl der Diggar-Pass der letzten Trekking-Etappe als auch der Chang-Pass zu sehen, er diente vor allem zur Verbindung nach Tibet. Ladakh und Tibet waren schon in historischen Zeiten durch den Handel und kulturell verbunden.
Am Vorabend brachte Jigmed noch die "Inner Line Permits" ins Hotel. Die waren wichtig, um durch die Polizei-Checkpoints zu kommen. Indien und China streiten sich um das Territorium nördlich des Pangong-Sees. Erstaunlicherweise dürfen dennoch Touristen ans Südufer.
Früh dann wieder Abholung vom Hotel, diesmal mit einem Toyota-Van. Zuerst fahren wir durchs bekannte Industal. Gegenüber vom Kloster Hemis ist der Abzweig zum Chang La. Das ist der dritthöchste allgemein befahrbare Gebirgspass der Welt (es gibt noch höhere Pässe mit eingeschränktem Verkehr, meist militärisch). Dementsprechend gefragt ist das Erreichen des Passes möglichst mit einem Motorrad bei indischen Touristen.
Zuerst verlief die Straße gut asphaltiert neben dem Tal von Chemde im Hang stetig ansteigend. Plötzlich fehlte der Asphalt und es kam eine der indischen Strassenbaustellen - nicht abgesperrt, Umkurven von Schotterhaufen, Baggern und vielen Arbeitern, die mit einer Schaufel auf der Oberfläche rumkratzen. Dann kam uns auch noch ein Militärkonvoi entgegen, unser Fahrer hatte leider an einer sehr schmalen Stelle gehalten und bangte dann um sein Auto. Die Straße zog sich konstant immer weiter hoch. Da keine Brücken gebaut wurden, verlief die Straße durch jede Geländefalte. Irgendwann hörte der Asphalt auf. Inzwischen waren wir in einem Hochtal, die Bergflanken wurden langsam zu Blockhalden und irgendwie hatte man da durch eine Spur halbwegs planiert. Das man über die aneinandergelegten Steine auch mit einem japanischen mittelgroßen Van mit 2-Rad-Antrieb fahren kann, war schon etwas erstaunlich. Aber man wurde schon etwas durchgeschüttelt, das Sitzen wurde unangenehm. Irgendwann hatten wir dann die Passhöhe erreicht, es war ordentlich kalter Wind. Wir sind ausgestiegen, und haben eine kleine Runde um die Mani-Mauer gedreht. Eine Menge indischer Touristen mussten hier ihr Beweisfoto machen, dass sie es mit dem Royal-Enfield-Motorrad bis auf den Pass geschafft haben.
Danach ging es bei ähnlichen Strassenverhältnissen wieder 500 Höhenmeter abwärts, bis an einer kleinen Kreuzung der Asphalt wieder anfing. Als wir das Tal von Thangtse erreicht hatten, gab es Mittagessen in einem Straßencafe. Der halbe Ort bestand aus solchen Cafes und Imbissständen. Am Stupa mündete die Straße aus dem Shyok-Tal ein. Namgyal sagte uns, das man die im Prinzip auch befahren könnte, aber dafür sehr früh in Diskit losfahren muss. Manchmal sind die Furten auch nicht zu bewältigen, deswegen ist es schwer, einen Fahrer für die Strecke zu finden.
Danach folgte wieder ein Checkpoint und dann ein Hochtal mit interessanten Felsen und vor allem Bergflanken in verschiednen Farben, fast alles total trocken. Irgendwann konnte man dann den See am Ende des Tals erkennen, ein ganz besonderes Türkisblau.
Gleich nach dem Erreichen des Sees gab es den obligatorischen Halt an der Stelle, wo eine Szene des Bollywood-Streifens "3 Idiots" gedreht worden war. Das war uns eigentlich egal, da wir keine indischen Filme schauen, aber die Aussicht war besonders schön. Der Kontrast zwischen dem tiefblauen Wasser und den Berghängen dahinter in ganz verschiedenen Rot- und Brauntönen ist gewaltig, vor allem beim Sonnenstand am Nachmittag. Nach dem Umfahren eines Stücks Steilufer und über eine holprige Piste mit wenig Asphalt erreichten wir dann Spangmik und unsere Unterkunft, das Gongma Residency. Der Ort hatte eine sehr merkwürdige Atmosphäre, weil viele Grundstücke mit billig gebauten Holz-Papp-Häuser bestanden waren, die aber alle zur Hälfte zerstört waren. Die indische Regierung hatte auf diese Weise der illegalen Bebauung des gesamten Seerands zu touristischen Zwecken EInhalt geboten. Nur den alteingesessenen Bewohnern war es erlaubt, weiter Gästehäuser zu betreiben. Dadurch war der Tourismus offenbar fast vollkommen zum Erliegen gekommen, auf den Dorfpisten war niemand zu sehen. Wir haben dann einen kleinen Rundgang am See entlang gemacht, auch die offizielle "Straße" zum noch kleineren Ort Man verlief dort als Spur im Ufersand. Die Ausblicke zum anderen Seeufer waren nach wie vor phantastisch mit vielen satten Farben - wir hatten da auch Glück mit dem sonnigen Wetter. Auf unserer Uferseite ragte eine Bergkette bis auf 6000 m auf, die Gipfel waren schneebedeckt.
Nach dem Ausflug an den See haben wir die Unterkunft genauer angeschaut - irgendwie war zwar die Bausubstanz ganz gut, aber der Zustand bezüglich Sauberkeit war eine Katastrophe. die Handtücher waren feucht und nicht sonderlich sauber, ebenso die Bettwäsche. Es gab es dann auch Abendessen, der Inhaber und gleichzeitig Koch befragte dann seine Gäste eindringlich nach ihrem Urteil. Irgendwie merkwürdig - aber geschmeckt hat es. Extra für uns wurde dann auch mal das warme Wasser angeschaltet. Ab 22 Uhr gab es aber keinen Strom mehr, man brauchte dann die Stirnlampe, um ins Bad zu gehen. Die Höhe von 4350 m habe ich beim Einschlafen schon ziemlich gemerkt.
Am nächsten Morgen gab es dann mit etwas Verzögerung Frühstück - wir hätten uns einfach demonstrativ eher in den Speisesaal setzen sollen. Eigentlich war wohl auch Mittagessen als Lunchbox mit gebucht, aber für den Koch wohl ein Problem. Namgyal musste das dann erst wieder am Telefon mit der Agentur in Leh klären, ob er stattdessen wieder ein Strassencafe ansteuern darf.
Am Morgen sah der See nicht so fotogen aus, es fehlte der richtige Lichteinfall. Aber im Tal zurück gab es noch einen touristischen Höhepunkt - total phlegmatische , vollgefressene Murmeltiere ohne jeden Fluchtinstinkt. Die hätten einem auch aus der Hand gefressen. Es standen natürlich Schilder "Wildtiere nicht füttern " da. Nach der langwierigen Überquerung des Chang La kamen wir dann zum nächsten Besichtigungspunkt, dem Kloster Takthog. Dafür bog man von der Hauptstraße ab und kam erst durch einige Dörfer mit hauptsächlich landwirtschaftlichem Verkehr. Das Kloster ist ziemlich klein und an einer Felswand gelegen. Der Gebetsraum ist eine Höhle in der Felswand, in der der Relegionsstifter Guru Rinpoche angeblich einige Jahre meditiert hat. Dementsprechend gehörte das Kloster zur traditionellen Linie des tibetischen Buddhismus.
In der Höhle war die Decke mit Rupienscheinen und Münzen beklebt. Aus dem Stein quillt an vielen Stellen eine Art Pech, so dass die Opfergaben tatsächlich an der Decke hängen bleiben. Es gab auch noch eine traditionelle Küche - in einer Felsspalte mit einem aus Steinen geschichteten Herd.
Danach ging es das Tal weiter hinab zu dem großen, imposant auf einer Bergkuppe gelegenen Kloster Chemrey. Die Anfahrt ging einmal um den gesamten Berg herum. In mehreren Stockwerken sind die verschiedenen Gebetshallen angeordnet. In der größten, im untersten Geschoß gelegenen waren wir erst allein, bis zwei Mönche erschienen und sich für eine Puja-Zeremonie bereit machten. Wir haben uns an den Rand gesetzt und zugehört. Es werden aus tibetischen Büchern heilige Sprüche in sehr großer Geschwindigkeit vorgelesen und das ganze mit dem Klang einer Trommel, Triangel und Becken untermalt. Andere Touristen stehen dafür vor dem Morgengrauen auf, um die mit dem Sonnenaufgang stattfindende erste Zeremonie zu besuchen. Das ist sicher noch eindrucksvoller, weil daran alle Mönche teilnehmen, aber so früh stehen wir im Urlaub nicht auf. Wir waren froh, dass wir das zumindest im kleineren auch noch erleben durften.
In anderen Teilen des Klosters waren doch auch einige Einheimische, die Spenden brachten oder Beratung bei einem der Mönche suchten. Zum Schluss waren wir auch noch im Klostermuseum, durch eine Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz gab es zu jedem Exponat auch eine deutsche Übersetzung der Ausstellungstafeln. Es gab einige historische Kultgegenstände, Masken, Kleidung und Waffen aus vergangenen Jahrhunderten zu sehen.
Dann ging es zurück nach Leh, die Strecke kannten wir ja schon. Am Abend sollten wir eigentlich noch genau erfahren, wann wir am nächsten Tag zum Flughafen fahren. Aber Jigmed hatte das wohl wieder mal verschwitzt, der Hotelinhaber musste ihn dann erstmal anrufen. Wir mussten noch alles wieder flugfertig einpacken, und spät erschien dann auch noch mal Jigmed, die Abfahrt zum Flughafen war für 5:30 angesetzt.